Vermutlich war es der größte je errichtete, königliche Totentempel Ägyptens, vielleicht sogar der größte, ägyptische Tempel überhaupt: Das Memnoneion – der Totentempel von Amenophis III. (bzw. Amenhotep III., 14. Jahrhundert v. Chr., 18. Dynastie), dem Vater von
Echnaton (Amenophis IV. bzw. Amenhotep IV.), etwas östlich auf halber Strecke zwischen
Medinet Habu und dem
Ramesseum in West-Theben gelegen.
Doch nur wenige Generationen später, vermutlich in der Regierungszeit des Pharao Merenptah, ließ ein Erdbeben das Mammutbauwerk in sich zusammenfallen. Schließlich diente der Trümmerhaufen als Steinbruch für die späteren Tempelbauten in der Gegend. Um 27 v. Chr. erschütterte ein weiteres Erdbeben die Anlagen. Am Ende waren neben einigen Statuen und Stelen sowie wenigen Mauerresten hauptsächlich die zwei berühmten kolossalen Sitzstatuen von Amenophis III. erhalten.
Warum ausgerechnet die aus Sandstein hergestellten Memnons-Kolosse noch stehen, während im Hintergrund ein kompletter Riesentempel nahezu verschwunden zu sein scheint, ist ein Rätsel. Vielleicht wurden die Statuen aus Pietätgründen stehen gelassen. Die Kolossalfiguren sind etwa 1000 Tonnen schwer und mehr als 18 Meter hoch. Da sie in der Antike noch Kronen auf dem Kopf trugen, waren sie ursprünglich noch höher, vielleicht 21-22 Meter. An den Beinen der Sitzstatuen sind kleine Figuren der Königinmutter Mutemuja und der Königsgemahlin Teje herausgearbeitet. Antike Besucher haben auf der nördlichen der beiden Statuen Graffiti hinterlassen. Schon im Altertum schienen die Kolossalfiguren Eindruck auf die Besucher gemacht zu haben. Der griechische Geschichtsschreiber und Geograph Strabon (lat.: Strabo) berichtete, eine der Figuren hätte ein Geräusch, einen rauschenden Ton von sich gegeben, der insbesondere des Morgens zu hören war. Dies lag wohl an den Rissen und Spalten, durch die manchmal der Winde dröhnte und an den großen Temperaturunterschieden zwischen Nacht und Tag, die den Stein porös werden ließen. Wegen des Heulens gaben die Griechen und Römer den Statuen den Namen „Memnon“. Memnon ist eine Sagengestalt aus der griechischen Mythologie. Er wurde im Kampf vor Troja getötet. Die vorbeifahrenden griechischen Reisenden glaubten, der Geist des verstorbene Memnon sei in der Statue reinkarniert und begrüße klagend jeden Morgen seine göttliche Mutter Eos (griech. für „Morgenröte“). Selbst der römische Kaiser Hadrian besuchte auf seiner Ägyptenreise 130 n. Chr. die Figuren, um das Heulen des Memnon zu hören. Durch Ausbesserungen in späterer Zeit (gegen 199 n. Chr., unter dem römischen Kaiser Septimius Severus) verstummte auch der Ton.